Sonntag, 1. März 2020
Zu welchem Preis gaben die Germanen die schiffbrüchigen Römer frei
Die im Boden nahe Kalkriese gefundenen kleinen Augen aus farbigem Glas für die es, was ihren damaligen Verwendungszweck anbetrifft bislang keine schlüssigen Erklärungen gibt, wurden zu einem eigenständiges Thema im großen Kontext um das dortige Ereignis. Es entwickelte sich daraus ein separates Forschungsgebiet, so wie es sich bei heraus ragenden Artefakten auch gehört. Nach allgemeiner Auffassung und einem Schuss Wunschdenken, gingen die Teile im Zuge eines Gefechtes zu Bruch und dann zu Boden. Es stellte sich im Nachhinein nun ein nahezu fieberhaftes Ringen nach Erklärungen um ihre Bedeutung ein, was es unvermeidlich macht den bisherigen Horizont auf der Suche nach neuen Gedankengänge zu erweitern. Es stellen sich also die üblichen Grundsatzfragen, bei welcher Gelegenheit, warum und wie die farbigen Glasaugen in den Untergrund von Kalkriese gelangt sein könnten. Und es wäre natürlich von größtem Interesse zu wissen zu welchem Zeitpunkt, also in welchem Jahr und möglichst auch noch in welcher Jahreszeit es passiert sein könnte. Aber auch woher sie stammten und welche Funktion sie einst zu erfüllen hatten wäre von Bedeutung. Und nicht nur zu wissen, wo sie damals hergestellt worden sein könnten, sondern auch wie lange sie bereits existierten bevor sie zu Boden fielen und ob sie sich überhaupt mit einer Schlacht in Verbindung bringen lassen. Alles gehört in den großen Fragenkomplex der bisher unbeantwortet blieb. Also eben nicht nur der letzten Auffassung einer Expertin aus Italien zu folgen, dass die Glasaugen artigen Fundobjekte als Eck - oder Randverzierungen an Totenklinen oder Krankentragen befestigt gewesen sein könnten, macht den Reiz der Forschung aus.Wie auch immer hätte man es technisch anstellen können Glas mit Holz zu verbinden, welchen bislang undefinierbaren Zweck könnten sie also erfüllt haben. Fragwürdiges und merkwürdiges Mobiliar, das sich demnach auch an anderen Stellen bzw. Lagern in Westfalen befunden haben müsste, also folglich dort wo sich ebenfalls Glasaugen fanden. Und eben auch an Holzgestellen für Tote oder Verletzte die man seinerzeit durch die Niewedder Senke bugsiert haben soll. Wahrlich echte gedankliche Herausforderungen die da an uns gestellt werden. So könnten den Glasaugen auch noch andere Entstehungsgeschichten zugedacht gewesen sein, die sich mit dem nötigen Einfühlungsvermögen erschließen ließen. So rücken also neben der Vision sie könnten als Aufständerungen von Gefäßen gedient, oder einmal eingefasst in Gemmen artigen Schmuckstücken geruht haben, auch andere Vorstellungen und Möglichkeiten in den Focus unserer Gedankenspiele. Umgearbeitet zu Fingerringen könnte man mit ihnen experimentiert und modelliert haben. So könnte es sich auch um kurzfristige Modeerscheinungen gehandelt haben die schnell wieder verblassten. Sich vorzustellen die Glasaugen könnten aber auch die Reste abgebrochener Teile einstiger Gefäße also gläserner Behältnisse gewesen sein, an die man sie vor dem Abbruch seinerzeit angeschweißt hatte, liegt noch im vorstellbaren Bereich. Gefäße also Gebrauchsware die sich auch als Tauschobjekte in ein Szenario einfügen ließen, wie es in den letzten Kapiteln um den Gefangenenaustausch beschrieben ist. Schlaglichtartig erscheinende Episoden von Ereignissen wie man sie mit einer freudigen Wiedersehensfeier verbindet und wie man sie mit der Begrüßung zurück kehrender Geisel in Verbindung bringen darf entsprachen immer schon unseren menschlichen Bedürfnissen. Eben ein Trinkgelage wie es einem flämischen Meister sicher gut gelungen wäre es auf Leinwand zu bannen. Man kann wegen der zeitlichen Nähe die zwischen der Schiffskatastrophe des Jahres 16 + und der Rückkehr nach zwei Jahren in germanischem Gewahrsam lag sogar davon ausgehen, dass jene Römer die aus Xanten kommend den Marschzug nach Kalkriese begleiteten auch noch mit einigen jener Legionäre bekannt, um nicht zu sagen befreundet waren, die nun im Jahre 18 + oder ein Jahr zuvor endlich zurück kehren konnten. Ein Aspekt der Zwischenmenschlichkeit wie er schnell aus dem Blickfeld geraten kann, wenn man sich beim Schürfen in der Vergangenheit nur auf das sichtbar Gegenständliche konzentriert. Wurde dann daraus ein Aufeinandertreffen bei dem sich die anwesende höhere römische Generalität herab ließ, um sich zum Abschluss noch mal gemeinsam und in friedlicher Atmosphäre mit dem niederen germanischen Sippenadel zusammen zu setzen, zu versöhnen und möglicherweise auf das vermeintlich erfolgreiche Zustandekommen anstoßen wollte, als dann im Zuge des Geschehens den Kontrahenten beider Seiten alles entglitt. Und es wären dann im wahrsten Sinne des Wortes die Scherben gewesen, die uns noch heute von einer historischen Tragödie künden. Relikte von Trinkgefäßen die an diesem Tag ihre eigene Geschichte schrieben, da sie zum deutlichen Zeugnis einst gut gemeinter Absichten und somit zu Zeugen der Zeitgeschichte wurden. So war es möglicherweise auch ein Ursprungsgedanke, dass man diese Glasgefäße den Germanen gegen die Geiseln zum Tausch anbieten wollte. Schöner Zierrat in ansprechendem Dekor aber in einem für uns heute rätselhaften Geschmack, da er einem 2000 Jahre alten Zeitgeist entsprang der sich heute unseren kühnsten Vorstellungen entzieht, aber den Germanen gefallen haben könnte. Und auch beide Überlegungen würden noch gut zu einer Geiselübergabe passen. Aber rein archäologisch betrachtet führen diese Gedanken ins nüchterne Abseits, denn der Bodenforschung gelang es bislang nicht den nötigen Beweis für diese oder andere Herkunftstheorien zu erbringen. Denn schlicht und einfach ließen sich noch nicht die Komplett - Teile einstiger Glasgefäße versehen mit jenen Augenelementen aus dem Boden zutage fördern man möchte gar zaubern sagen, die diese Argumentation stützen könnten. So bleibt uns zwar der Beweis für diese Annahme versagt, aber die Betrachtung eines größeren epochalen Umfeldes könnte weiter helfen unseren Blickwinkel zu schärfen. Denn man konnte aus technischer Sicht betrachtet, wenn sich sogar schon durchsichtiges Glas produzieren ließ um die Zeitenwende natürlich erst recht farbige Glasbehältnisse in vielerlei auch skurriler Machart herstellen. Ob man aber damals einen Sinn oder die Notwendigkeit erkannte an ihnen auch Wulste, Verdickungen oder Knospen wie man die Kalkrieser Glasaugen auch nennen könnte aufschmelzen oder anbringen zu wollen, muss offen bleiben. Denn mangels datierfähiger Belegexemplare also Bodenfunde, lässt sich diese Moderichtung für die Zeit vor dem Jahr 18 + nicht bestätigen. So lange aber auch noch die Frage ungeklärt ist, ob die Glasteile in der Niewedder Senke nicht möglicherweise auch etwas später oder gar früher und das nicht im Zuge der besagten Kampfhandlungen in den Boden gelangt sind, lassen sich auch immer wieder neue Theorien entwickeln. Zum Beispiel die, dass der Bereich um Kalkriese wegen seiner guten Verkehrsanbindung an einer bedeutenden Transferverbindung der Prähistorie in späterer, aber auch früherer Zeit die Funktion eines Stützpunktes für durchziehende Händler besaß, die Produkte vielerlei Art mit sich geführt haben könnten. Ob also auf der Route durchgängig auch Handelswaren in beide Richtungen unterwegs waren die sowohl für Innergermanien als auch die römischen Rheinlande bestimmt waren, konnte noch nicht schlüssig beantwortet werden. Schließlich gab es immer wieder ruhige Zwischenphasen in denen man im Imperium an germanischen Naturprodukten interessiert war und diese beglichen werden mussten. So ist es eine interessante Vorstellung, dass die Glasaugen auch einige Jahre später in den Oberescher Sand gefallen sein könnten, einer Zeit als Varus längst Geschichte, man die Gefangenen bereits ausgetauscht hatte und über den römischen Lippelagern schon das Gras der Zeit wuchs. Das Wort ?lange? ist natürlich relativ, denn die Legion, der das in Kalkriese gefundene Mundblech zugeschrieben wird war relativ sicher nur bis zum Jahr 21 + für Köln nachgewiesen. Danach ist über ihren Verbleib wenig bekannt. Das Gesamtbild wird allerdings durch das Verschieben von Abteilungen den sogenannten Vexillationen undeutlich bzw. eingetrübt. Man kann annehmen, dass Teile der Legio I Germanica auch noch lange nach 21 + sowohl in Köln als auch im benachbarten Bonn stationiert waren. Eine Überlegung die uns noch weit über den Tellerrand der Jahre 17 + oder 18 + hinaus blicken lassen könnte. Denn Boden kann wie man weiß, vieles sehr lange aufbewahren und gibt uns nicht immer bereitwillig die erhoffte Auskunft, wann man es fallen ließ. Bei Münzen wird dies zusätzlich durch die Tatsache erschwert, da sie ein sozusagen unzerbrechliches Zahlungsmittel darstellen und daher sehr weit herum kommen konnten. Münzen die man etwa um das Jahr Null prägte konnten sich noch sehr viele Jahre später in Umlauf befunden haben und konnten auch noch nach Jahrzehnten und länger in den Boden gelangt sein, während Glasobjekte zweifellos schadensanfälliger waren und früher da unbrauchbar geworden weggeworfen wurden. Man könnte also auf dieser Basis würde man die Glasaugen von einem Schlachtenszenario der Jahre 17 + oder 18 + trennen auch noch in eine spätere Zeit verlegen und sogar wie dargestellt über das Jahr 21 + hinaus. Und das obwohl die aus der Strabo/Tacitus Essenz zu ziehende Schlußfolgerung sehr schlüssig klingt. Auch künstlich erhitzte Funde wie es die Kalkrieser Glasaugen darstellen verhalten sich ähnlich wie Meteoriten, können sich Jahrtausende im Boden erhalten und sind somit auch planetar betrachtet äußerst langlebig. Die Langlebigkeit von Bodenfunden erweist sich auch anhand eines anderen Teiles. Man legte es in Italien frei und es lässt sich mit ihm sogar eine sehr enge stylistische Verbindung bis nach Kalkriese schlagen. Denn man kann von der Systematik her an diesem Fund den gleichen gelben Augenring erkennen, wie er auch in einigen Glasaugen zu sehen ist, die sich in Kalkriese fanden. Einen gelben Ring, der die schwarze Iris von der ebenfalls schwarzen Pupille deutlich abtrennt scheint im Imperium einer zeitlosen Herstellungsmethodik zu entsprechen. Die Farbe gelb ist dafür gut geeignet und mit ihrer Hilfe lässt sich der Unterschied, nämlich das schwarz der Iris, als auch das schwarz der Pupille von einander zu trennen gut darstellen. Und diese Stilrichtung und Machart in dem man mittels eines gelben Ringes die schwarze Iris von einer schwarzen Pupille unterscheidbar macht ist in der antiken Glaskunst wie der Fund aus Italien beweist nicht ungewöhnlich. Sie war vermutlich schon lange bevor man die Funde in der frühen nachchristlichen Zeit in Westfalen machte eine beliebte Form der Darstellung, wenn man das menschliche Auge nachbilden wollte und war auch noch lange Zeit danach regelmäßig in Gebrauch. Denn gelb und schwarz bilden einen guten Kontrast zueinander. Und so kann man die Glasaugen von Kalkriese schon fasst zum Verwechseln ähnlich in die Nähe zu der besagten anderen Darstellung rücken. Nämlich dem italienische Fund, den man in einer alten römischen Villa in der Toskana zwischen Florenz und Siena machte. Die in der Villa di Aiano bei Torraccia di Chiusi gefundene Scherbe, zeigt das Kopfteil eines Fisches der in der Augenpartie ein nahezu identischen Aussehen und die gleichen Merkmale aufweist, wie die einiger Kalkrieser Augenfunde. Die Ursprünge der römischen Villa sollen zwischen dem Ende des 3. und dem Anfang des 4. Jahrhunderts liegen. Und sie bestätigen, dass künstlerische Element, nämlich mit gelben Augenringen die Iris von der Pupille zu isolieren und das sie zweifellos in Italien ihren Ursprung hatten. Was auch nicht verwundert. Aber wir wissen nun dank der Funde in Germanien auch, dass das Motiv aus der Villa di Aiano auf ältere Vorbilder zurück greift die wie der schmuckvolle Fischkopf es beweist künstlerisch weiter entwickelt wurden. Im Kern erkennt man sowohl bei den Kalkrieser Glasaugen als auch am Fischkopf aus der Villa die Aiano den gestalterischen Wunsch dem Auge des Betrachters gefallen zu wollen. Problematisch wird dieser Vergleich durch die Tatsache, dass die Scherbe aus der Villa einer viel späteren Epoche römischer Zivilisation zugerechnet wird. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Fischkopf älteren Datums ist also nicht zum Ende des 3. Jahrhunderts dort angefertigt wurde, wo man ihn fand. Augen mit gelben Ring darzustellen traf in Italien und über die Grenzen hinaus den allgemeinen Geschmack und war keine dem Totenkult vorbehaltene oder auf Skulpturen beschränkte bzw. darauf ausgerichtete Form der darstellenden Kunst.



Die Kunstrichtung stand also zur freien Verfügung und somit allen Lebensbereichen offen und war schon im ersten Jahrzehnt unserer Zeitrechnung Bestandteil antiker Musterkollektionen. Die Glasaugen könnten also sowohl während eines Gefechtes zu Bruch gegangen sein, als auch im Zuge des späteren Handelsaufkommens zwischen Römern und Galliern auf der einen und Germanen auf der anderen Seite. In welche der beiden Richtungen die Erkenntnis hinsichtlich der Fundlage ?in situ? tendiert kann ich nicht beurteilen. Ein Glasaugenfund in gleicher Bodenschicht und Nähe etwa zu einer Militaria brächte zweifellos die Scherben in einen unmittelbaren Kontext zu einer Schlacht. Inwieweit aber in regenreichen Zeiten oder durch das Stöbern des Geländes und die landwirtschaftliche Bearbeitung späterer Generationen die Bodenschichten gestört oder verändert wurden, wodurch die Funde verlagert sein könnten, was dann zu anderen Fundzusammenhängen oder Fundtiefen geführt haben könnte und zu anderen Interpretationen verleiten kann, müsste die Bodenforschung begründen. Kommt das farbige Glas von Kalkriese nicht aus dem angedachten zentralen Produktionsort früh augusteischer Glasproduktion Kaiseraugst, so könnte bzw. müsste es sich um noch entfernter hergestellte Importgüter aus dem römerzeitlichen Italien gehandelt haben. Da aber das Museum in Kaiseraugst über sehr frühe Rohschmelzen und Ausgangsstoffe verfügt und man auch in Kaiseraugst ein Glasauge fand ist die Theorie in Kaiseraugst den Ausgangsort der Kalkrieser und Lippelager Teile zu sehen zumindest nahe liegend. Im Fall Kaiseraugst hätte die Ware rheinabwärts zwar eine nicht unerhebliche Wegstrecke an den Niederrhein hinter sich bringen müssen, was aber durch die Fließrichtung des Flusses begünstigt worden wäre. Allerdings musste dann auch noch der Transport bis Kalkriese eine beschwerliche Distanz halb zu Land, halb zu Wasser bewältigen, bis dann irgendwann später alles zertrümmert in den dortigen Boden gelangte. Aber wo könnte man sie sonst gegossen haben wenn nicht in Kaiseraugst. Aus den Öfen des römischen Köln stammten die Glasstücke nach dem allgemeinen Forschungsstand noch nicht, denn die soll man wohl erst um die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhundert unter Feuer gesetzt haben. Der Gründungsgeschichte von Köln liegt die Annahme zugrunde, dass das Oppidum Ubiorum als die erste angenommene stadtähnliche Siedlung auf dem Boden des späteren Köln um das Jahr 38 ? entstanden sein soll. Es hängt zusammen mit der Tatsache, dass Agrippa in den Jahren 40 - bis 38 ? am Rhein bei Köln anwesend war. Da der römische Feldherr und Politiker Agrippa aber auch um die Jahre 19 ? / 20 - in Köln weilte könnte man das letzte Datum 19 ? als ein sicheres Gründungsdatum betrachten und die vorgenannten Jahre als mögliche Gründerjahre in Betracht ziehen. Kaiser Claudius verlieh dem heutigen Köln erst im Jahre 50 + den Status einer Colonia, nannte sie Colonia Claudia Ara Agrippinensium und die Bürger erhielten fortan das römische Bürgerrecht. Die Geschichtsschreibung musste sich schon mehrfach korrigieren und die Erfahrung machen neuen Fakten Rechnung zollen zu müssen. Denn der zivilisatorische Fortschritt konnte schon mal unerwartete Sprünge machen und man musste daraufhin die Jahreszahlen an der Zeitschiene zurück setzen. Wegen erhöhter Nachfrage nach Glasartikeln musste man im römischen Köln zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt die Produktion hoch schrauben und die Ausstoßmengen nahmen wie man nach lesen kann für die Zeit betrachtet enorme Ausmaße an. Im alten Köln produzierte Teile wurden in das gesamte römische Reich, also die iberische Halbinsel, die Donauregion, ans Schwarze Meer und bis nach Großbritannien exportiert. Doch wann begann dies alles in Köln, wann wuchsen in Köln die Glasmacherwerkstätten aus dem Boden und ab wann begann die Produktion in Köln auf Hochtouren zu laufen und man möchte schon fasst spekulieren, wann man in Köln in die ?katalogisierte Großserie? eingestiegen sein könnte, sich also in Köln die ersten ?Start up? Unternehmen gründeten und etablierten und wie schnell sie danach ihre Palette erweiterten. Auch dieser Prozess könnte sich in relativ kurzer Zeit vollzogen haben. Denn die Colonia Claudia machte damals die typisch sprunghafte Entwicklung durch, wie sie bei allen aufstrebenden Urbanitäten zu beobachten ist. Eine wirtschaftliche Aufschwungphase dank neuer innovativer Produkte konnte schnell revolutionäre Ausmaße annehmen. Heute nennen wir sie Industriestädte, da die zutreffendere aber ungewöhnliche Namenskreation ?Manufakturstadt? befremdlich klingt. Da der Markt am Rande zum Barbaricum wuchs wird Köln auf die frühen Glasmachermeister entsprechend anziehend gewirkt haben. Eine Siedlung an einem großen Fluss und an der Schnittstelle zweier Bevölkerungsgruppen wie Galliern und Germanen musste einfach attraktiv sein. Aber die Glasmacher waren dank ihrer Künste außer dem Militär und den Schmieden die heimlichen Herrscher von Köln. War es im Kriege neben der Lebensmittelversorgung die Waffenherstellung, könnten es in Friedenszeiten die Glasmacher gewesen sein, die auf der obersten Sprosse städtischer Prominenz zu finden waren. Und die nach Köln strömenden Glasmacher, die Lehrer der frühen Muranokunst waren aufgrund ihrer Fähigkeiten die sie aus dem Mittelmeerraum in den Norden trugen auch die Garanten einer neuen Beschäftigungswelle. Diese Spezialisten stellten die Gefäße gehobener Kulturansprüche in der Koloniestadt  ?CCAA? zunächst aus den importierten Rohglasbarren her und begannen später dank der entdeckten Frechener Bodenschätze auch die Eigenproduktion aufzunehmen. Zug um Zug wurden die Ortsansässigen geschult und der Kölner Eigelstein steht hier als Synonym und war wie die Ausgrabungen zeigen, dass Zentrum eines dynamischen Fortschritts. Aber nun doch wieder zurück zur Kernfrage auf Basis einer Argumentationskette an deren Ende in abgekürzter Form die Feststellung stehen könnte, dass die bei Kalkriese gefundenen Glasaugen eigentlich auch schon in Köln hätten hergestellt worden sein können. Läge man die möglichen kölschen Gründungsjahre zugrunde, so liegt eine umfassende Zeitspanne vor uns in der die Welt nicht still stand. Als Tiberius 8 ? die Sugambrer unter Zwang an den Niederrhein umsiedelte sank in kurzer Zeit das Risiko einer äußeren Bedrohung Kölns nämlich von der Ostseite des Rheins angegriffen werden zu können. Die schäl Sick der ?Sickambrer? hatte man unter Kontrolle und die Weichen waren auf Frieden und Wachstum gestellt. Der Experten Zustrom aus dem Süden konnte sich nun erst recht entfalten die Schmelzofen wuchsen aus dem Boden, denn sie zu errichten war mit den nötigen Know How kein Hexenwerk. Es könnte sogar schon zwischen den Jahren 38 ? und 19 ? los gegangen sein, als die ersten produktionsbedingten Zweckbauten errichtet wurden für die man auch den Namen Siedlung anwenden könnte. Eine Sandbank mag es gewesen sein, aber auch andere erhöhte und relativ Hochwasser geschützte Flächen am Rhein kamen in Frage die auch den Bau von Glasöfen nicht gefährdeten. Aber nach 8 ? dürfte die Produktion Fahrt aufgenommen haben. Schlussfolgert man weiter, so hätten die Zuwanderer aus dem Süden um diese Zeit die ersten Öfen in Betrieb genommen und die Kalkrieser Glasaugen hätten von dem Moment an auch keinen allzu langen Weg mehr nach Kalkriese zurück legen müssen. Denn zwischen der Sugambrervertreibung 8 - und dem Gefangenenaustausch lagen volle viele Jahre in denen man auch am Eigelstein nicht untätig war. Das Militär hatte den Raum für zivile Strukturen frei gemacht und das Vakuum begann sich zu füllen. Die Überlegung, ob die Glasaugen nun schon aus Köln, aus dem entfernt liegenden Kaiseraugst bzw. Augst oder gar aus Italien stammten, nimmt in den Theorien um den Sinn und Zweck den die Glasaugen bei Kalkriese spielten, nicht die wesentliche Rolle ein. Es ist mehr die Frage, ob die Glasaugen gleich wo man sie fand von einstigen Gefäßen abgebrochen sein konnten, die man zu dem Zweck nach Kalkriese brachte um sie dort entweder den Angrivariern zum Tausch anzubieten, sie zugleich selbst nutzte bzw. mit ihnen auf den Freikauf anstoßen wollte. Schönheit und Eleganz in germanischen Hütten zu entdecken, in denen alle Gefäße zur Lagerung von Flüssigkeiten nur in tristen, erdfarbenem Einheitston existierten, hätte schon etwas kulturell bahnbrechendes für die Menschen an sich gehabt denen der Begriff Luxus noch fremd war. Richteten sich die militärischen Blicke aller auf Xanten oder Neuß, so richteten sich die der germanischen Mondäne damals, als Düsseldorf noch eine nasse Wiese war auf Köln. Und diese frühen bunten Trinkgläser hätten einer Produktion in Köln gut zu Gesicht gestanden, denn die kürzere Distanz hätte es den Römern leichter gemacht sie nach Kalkriese zu transportieren. Ins Gepäck der römischen Legion, die noch über 21 + hinaus in Köln und Bonn stationiert war, hätten Gefäße mit Augenschmuck gut hinein gepasst, denn die Soldaten mussten damals die Handelsware auf Karren verstauen und die waren in Köln stationiert. Aber die Gedanken greifen noch einen Schritt weiter mit dem sich das nächste Kapitel befassen wird (01.03.2020)

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